Vertragshändler (VH) ist, wer als selbständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, im eigenen Namen und auf eigene Rechnung Waren eines Unternehmers (Hersteller oder Lieferanten) zu vertreiben und dessen Absatz zu fördern (OLG München, 25.02.2013 – 34 Sch 12/12 – EversOK LS 18). Der Vorteil des Unternehmers als Vertragspartner des Vertragshändlers ist daher gegenüber der Beauftragung eines Handelsvertreters grundsätzlich ein geringeres Forderungsausfallrisiko.
Eine gesetzliche Regelung des VH fehlt. Auf den VH können einzelne Vorschriften des Handelsvertreterrechts analog anzuwenden sein (OLG München, 25.02.2013 – 34 Sch 12/12 – EversOK LS 20). Auf ein Händlerverhältnis ist Handelsvertreterrecht entsprechend anwendbar, wenn der VH durch den Rahmenvertrag händelsvertretertypische Rechte und Pflichten übernommen hat und in erheblichem Umfang Aufgaben erfüllt, wie sie auch vom Handelsvertreter (HV) wahrgenommen werden (BGH, 09.10.2002 – VIII ZR 95/01 – EversOK LS 3 m.w.N.).
Ob dem VH gegen den Unternehmer (Hersteller oder Lieferanten) ein Ausgleichsanspruch zusteht, ob also die handelsrechtliche Vorschrift § 89 b HGB entsprechend anzuwenden ist, hängt zusätzlich davon ab, ob zwischen dem VH und dem Unternehmer ein Rechtsverhältnis besteht, das über eine bloße Verkäufer-Käufer-Beziehung hinausgeht. Der VH muss ferner verpflichtet sein, dem Unternehmer seinen Kundenstamm zu übertragen, so dass sich dieser bei Vertragsende die Vorteile des Kundenstamms sofort und ohne weiteres nutzbar machen kann (BGH, 05.02.2015 – VII ZR 315/13 – EversOK LS 2). Gern sind wir bereit, für Sie zu prüfen, ob und in welcher Höhe Ihnen ein Ausgleichsspruch zusteht.
Im Gegensatz zu Versicherungsvertretern und sonstigen Handelsvertretern stehen dem VH die Kontrollrechte, wie bspw. der Buchauszug und die Möglichkeit der Bucheinsicht nach der obergerichtlichen Rechtsprechung grundsätzlich nicht zu. Der VH kann gegen den Hersteller bzw. Lieferanten einen Anspruch auf Auskunft- und Rechenschaftslegung (§ 666 BGB) oder aus Treu und Glauben, § 242 BGB, zustehen (BGH, 17.07.2002 – VIII ZR 64/01 – EversOK LS 2; 22.11.2000 – VIII ZR 40/00 – EversOK LS 1 – Chrysler 3 -). Die Kontrollrechte (v.a. Provisionsabrechnung, Buchauszug, Bucheinsicht) sind auf einen Vertragshändlervertrag allenfalls dann entsprechend anwendbar, wenn der Unternehmer dem VH nach dem Vertragshändlervertrag eine provisionsähnliche Vergütung für ohne dessen Mitwirkung ausgeführte Geschäfte schuldet (OLG München, 18.07.2013 – U 4958/12 Kart – EversOK LS 5 – Nemetschek 2 -).
Die Rechte und Pflichten der Vertragshändler werden im Übrigen in dem, mit dem Unternehmer zu schließenden Vertragshändlervertrag vereinbart. Als Vertragshändlervertrag wird ein auf gewisse Dauer gerichteter Rahmenvertrag eigener Art bezeichnet, durch den sich der Vertragshändler verpflichtet, Waren des Herstellers oder Lieferanten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung zu vertreiben, und durch den der Vertragshändler in die Verkaufsorganisation des Herstellers bzw. Lieferanten eingegliedert wird (BGH, 09.10.2002 – VIII ZR 95/01 – EversOK LS 2).
Bei der Gestaltung des Rahmenvertrages ist insbesondere darauf zu achten, dass die Vereinbarungen nicht gegen das Kartellrecht verstoßen und der Inhaltskontrolle von vorformulierten Vertragsbedingungen standhalten, da die vertraglichen Vereinbarungen im ersten Fall nichtig und im zuletzt genannten Fall unwirksam sein können.
Unsere Rechtsanwälte beraten und vertreten sowohl Hersteller bzw. Lieferanten als auch Vertragshändler in allen Fragestellungen des Vertragshändlerrechts:
- Prüfung, ob ein Ausgleichsanspruch besteht
- Berechnung des Ausgleichsanspruchs
- Erstellung von Vertragshändlerverträgen zwischen Unternehmer und Vertragshändler
- Beratung zu konkreten Streitpunkten, die sich aus der Durchführung des Vertragshändlervertrags ergeben können (z. B. Anspruch auf entgangenen Gewinn wegen Verletzung eines vereinbarten Alleinvertriebsrechts, vgl. BGH, 22.11.2000 – VIII ZR 40/00 – EversOK LS 3 -Chrysler 3-).
- Geltendmachung des Auskunftsanspruchs für den VH in Bezug auf konkrete Problematiken, die sich aus der Durchführung des Vertragshändlervertrags ergeben